Zahlt eine AG einem Vorstandsmitglied, welches zugleich Minderheitsaktionär ist, eine Umsatz- und Gewinntantieme, führt dies grundsätzlich nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Denn bei Rechtsgeschäften zwischen einer AG und ihrem Vorstand wird die AG durch den Aufsichtsrat vertreten, der die Interessen der AG wahren soll. Eine verdeckte Gewinnausschüttung wird man nur dann annehmen können, wenn die Vereinbarung einseitig an den Interessen des Vorstandsmitglieds und Minderheitsaktionärs ausgerichtet ist.
Hintergrund: Kommt es bei einer Kapitalgesellschaft zu einer Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und nicht zu einer offenen Gewinnausschüttung gehört, wird dies als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt und dem Einkommen der Kapitalgesellschaft wieder hinzugerechnet. Ein typisches Beispiel für eine verdeckte Gewinnausschüttung ist ein überhöhtes Gehalt für den Gesellschafter-Geschäftsführer oder die Gewährung eines zinslosen Darlehens an den Gesellschafter.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine AG, die im Immobilienbereich tätig war. Aktionäre waren P, D und K zu je 1/3. K war auch alleinvertretungsberechtigter Vorstand. Im Aufsichtsrat saßen P, D und F. Die AG sagte dem K eine Gewinntantieme in Höhe von 40 % zu, soweit der Gewinn bis 250.000 € beträgt, sowie in Höhe von 10 %, soweit der Gewinn höher als 250.000 € ausfällt. Das Mindestgehalt des K sollte 50.000 € jährlich betragen. Ferner sollte K eine Umsatzprovision in Höhe von 1 % des jeweiligen Verkaufsumsatzes erhalten. Das Finanzamt behandelte sowohl die Gewinn- als auch die Umsatztantieme als verdeckte Gewinnausschüttung und rechnete sie dem Einkommen der AG hinzu.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verneinte grundsätzlich eine verdeckte Gewinnausschüttung, verwies die Sache aber an das Finanzgericht zur weiteren Sachaufklärung zurück:
Zwar kommt nicht nur bei einer GmbH, sondern auch bei einer AG eine verdeckte Gewinnausschüttung in Betracht, wenn es zu einer Vermögensminderung kommt, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Allerdings führt bei einer AG nicht jede fremdunübliche Vergütungsvereinbarung mit dem Vorstand zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.
Bei einer Vergütungsvereinbarung zwischen einer AG und ihrem Vorstandsmitglied wird die AG nämlich durch den Aufsichtsrat vertreten, der die Aufgabe hat, die Interessen der AG zu wahren. Bei einem Minderheitsaktionär und Vorstandsmitglied wird man daher nur aufgrund besonderer Umstände davon ausgehen können, dass die Vergütung einseitig an den Interessen des Vorstandsmitglieds ausgerichtet ist. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Aufsichtsrat mit nahestehenden Personen des Vorstandsmitglieds und Minderheitsaktionärs besetzt ist.
Eine verdeckte Gewinnausschüttung kommt ferner in Betracht, wenn das Vorstandsmitglied ein Mehrheitsaktionär ist, der aufgrund seiner Stimmenmehrheit in der Hauptversammlung die Möglichkeit hat, ihm wohlgesinnte Aufsichtsratsmitglieder zu wählen. Allerdings war K kein Mehrheitsaktionär.
Hinweise: Der BFH verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das FG zurück. Das FG muss nun die Überlegungen des Aufsichtsrats, die zu der Ausgestaltung der Vergütungsregelung mit der Gewinn- und Umsatztantieme führten, würdigen.
Der BFH macht deutlich, dass die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats ein sehr starkes Beweisanzeichen für die Fremdüblichkeit der Vergütungsvereinbarung und damit für deren steuerliche Anerkennung darstellt.
Bei einer GmbH führt eine Umsatztantieme zwar grundsätzlich zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, weil sie zu einer Gewinnabsaugung führen kann. Im Streitfall aber war die Umsatztantieme vom Aufsichtsrat genehmigt worden. Zudem hatte das FG mittels einer Zeugenvernehmung der Aufsichtsratsmitglieder P und F ermittelt, dass K verpflichtet gewesen war, jedes Immobilienprojekt dem Aufsichtsrat mit einer detaillierten Kalkulation vorzulegen. Der Aufsichtsrat erhielt so die Möglichkeit, nur rentable Objekte zu genehmigen und damit die Gefahr einer Gewinnabsaugung zu vermeiden.
Bei der Gewinntantieme könnte eine Rolle spielen, dass K in wirtschaftlich schlechten Jahren der AG nur eine Mindestvergütung von 50.000 € erhielt.
Quelle: BFH, Urteil vom 24.10.2024 – I R 36/22; NWB