Wird eine Anteilsübertragung, die Anteile an einer grundbesitzenden GmbH betraf, rückgängig gemacht, kann dies zur Entstehung von Grunderwerbsteuer führen, wenn der Erwerber nun wieder mit 95 % bzw. – nach aktueller Rechtslage – 90 % beteiligt ist. Aufgrund der Rückgängigmachung unterliegt aber der Rückerwerb nicht der Grunderwerbsteuer; unschädlich ist es, wenn die ursprüngliche Übertragung keine Grunderwerbsteuer ausgelöst hatte.
Hintergrund: Werden Anteile an einer Gesellschaft, die Grundbesitz hält, übertragen und ist der Erwerber nun mit mindestens 90 % (seit 1.7.2021) bzw. mit mindestens 95 % (bis zum 30.6.2021) beteiligt, entsteht Grunderwerbsteuer. Man spricht hier von einer sog. Anteilsvereinigung.
Ein grunderwerbsteuerbarer Grundstückserwerb oder auch Anteilserwerb kann nach dem Gesetz rückgängig gemacht werden (Rückerwerb). Erfolgt der Rückerwerb grundsätzlich innerhalb von zwei Jahren und werden der Erwerb sowie die Rückgängigmachung beim zuständigen Finanzamt innerhalb von zwei Wochen angezeigt, entsteht weder für den Erwerb noch für den Rückerwerb Grunderwerbsteuer. Die Zwei-Jahres-Frist gilt jedoch nicht für den Fall, dass die Bedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.
Sachverhalt: Der Kläger war Alleingesellschafter einer GmbH, die Grundbesitz hielt. Mit notariellem Schenkungsvertrag vom 14.6.2016 schenkte er seinem Sohn S 49 % der GmbH-Anteile. Allerdings behielt sich der Kläger einen Widerruf vor, falls S vor dem Kläger sterben und keine Nachkommen hinterlassen sollte. Tatsächlich starb S im Jahr 2018, ohne Nachkommen zu haben. Der Kläger widerrief gegenüber seiner Ehefrau, die zusammen mit dem Kläger Erbe geworden war, die Schenkung am 6.12.2018. Damit war der Kläger wieder Alleingesellschafter. Das Finanzamt setzte nun Grunderwerbsteuer gegenüber dem Kläger fest, weil er aufgrund des Widerrufs wieder mit 100 % und damit mit mindestens 95 % an der grundbesitzenden GmbH beteiligt war. Hiergegen wehrte sich der Kläger.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:
Grundsätzlich wurde durch den Widerruf der Schenkung am 6.12.2018 Grunderwerbsteuer ausgelöst. Denn der Kläger war bis zum Widerruf nur mit 51 % an der grundbesitzenden GmbH beteiligt, nachdem er im Jahr 2016 auf S 49 % Anteile übertragen hatte. Aufgrund des Widerrufs war er nun wieder mit 100 % und damit mit mindestens 95 %, der gesetzlichen Beteiligungsgrenze, die im Jahr 2018 galt, beteiligt.
Allerdings war die Grunderwerbsteuer nicht festzusetzen, weil die Voraussetzungen für eine Rückgängigmachung vorlagen. Eine derartige Rückgängigmachung, aufgrund derer Grunderwerbsteuer nicht festzusetzen oder eine Grunderwerbsteuerfestsetzung aufzuheben ist, kann auch dann vorliegen, wenn die ursprüngliche Anteilsübertragung (hier: 49 %) gar nicht grunderwerbsteuerbar war.
In der Regel betrifft die Rückgängigmachung den Rückerwerb eines Grundstücks, also einen Fall, in dem sowohl die Übertragung des Grundstücks als auch der spätere Rückerwerb grunderwerbsteuerbar waren. Bei einer Anteilsübertragung wie im Streitfall ist es aber nicht erforderlich, dass der ursprüngliche Erwerb (Übertragung von 49 % auf S) grunderwerbsteuerbar war.
Hinweise: Nach Auffassung des BFH widerspräche es der gesetzlichen Zielsetzung, wenn die Grunderwerbsteuer für den Rückerwerb nur dann nicht festgesetzt würde, wenn der Ersterwerb steuerbar war.
Im Streitfall galt keine Zwei-Jahres-Frist für die Rückgängigmachung, weil es sich nicht um einen regulären Rückerwerb handelte, sondern weil die Bedingungen des Schenkungsvertrags (S darf nicht vor seinem Vater, dem Kläger, sterben) nicht erfüllt wurden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund des Widerrufsanspruchs rückgängig gemacht wurde.
An sich hätte der Kläger sowohl die Übertragung als auch den Rückerwerb fristgerecht dem zuständigen Finanzamt anzeigen müssen. Die Anzeigepflicht soll verhindern, dass die Vertragspartner einen grunderwerbsteuerbaren Erwerbsvorgang zunächst nicht anzeigen und ihn dann, nachdem das Finanzamt von dem Erwerbsvorgang erfahren hat, rückgängig machen. Im Streitfall musste aber die Übertragung der 49 % dem Finanzamt nicht angezeigt werden, weil diese Übertragung nicht grunderwerbsteuerbar war; denn S war aufgrund der Schenkung im Jahr 2016 nicht mit mindestens 95 % an der GmbH beteiligt. Auch der Rückerwerb im Jahr 2018 musste nicht angezeigt werden, weil die Gefahr eines Missbrauchs in der Regel über die Rückgängigmachung angesichts der fehlenden Grunderwerbsteuerbarkeit der Übertragung im Jahr 2016 ausgeschlossen war.
Quelle: BFH, Urteil vom 7.5.2025 – II R 16/23; NWB